WSG Geschäftsbericht 2022

5 Aus Sicht der Wohnungswirtschaft war das Geschäftsjahr 2022 ein einzigartiges Jahr. Mit der Einführung des Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten zwischen Mieter und Vermie- ter wurden die ersten konkreten Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel gelegt. Gleichzeitig wurde die europäische Effizienz- Richtlinie in deutsches Recht transformiert – mit der gleichzeitigen Verpflichtung des Vermie- ters, den Mietern monatlich in schriftlicher Form ihren individuellen Heizkostenverbrauch zugäng- lich zu machen. Ebenso bestand die gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen der Grundsteuerreform bis zum Herbst 2022 alle Grundstücksdaten für die Finanzämter digital aufzubereiten. Über diese zusätzlichen neuen Aufgaben hat sich allumfassend und alles bestimmend die Ukraine­ krise gelegt. Sofort stellte sich die Frage nach der Unterbringung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Unmittelbar danach explodierten die Gaspreise und damit auch die allgemeinen Lebenshaltungs- kosten. Die europäische Zentralbank ist dieser Ent- wicklung mit Zinsanpassungen entgegengetreten. Nachdem der Leitzins der EZB über 5 Jahre bei 0 Prozent lag, wurde er seit Juli 2022 bis März 2023 sechsmal auf insgesamt 3,5 Prozent erhöht. Diese unerwartet hohen Anpassungen bedeuten, dass der durchschnittliche Darlehenszinssatz aktuell bei rund 4,5 Prozent liegt. Die erheblichen Zinssteigerungen – verbunden mit den stark gestiegenen Baukosten – führen dazu, dass der Neubau von Wohnraum erst ein- mal wirtschaftlich unmöglich geworden ist. Dies wird gleichzeitig durch die aktuelle Bundespolitik unterstützt, mit der sich die Bedingungen für die Neubauförderung von Mietwohnungsneubau über die KfW zugunsten der Bestandssanierungen deutlich verschlechtert haben. Die dargestellte schlechte Gesamtentwicklung hat sich allerdings für die WSG im Jahr 2022 nur geringfügig negativ ausgewirkt. Die WSG konnte ihre umfangreiche Expansionsphase bis Ende 2022 planmäßig erfüllen. Sowohl die neugebauten „Platanenhöfe“ in Monheim wurden nahezu fristgerecht fertig­ gestellt und auch die Revitalisierung des Glocken- spitzes in Krefeld konnte Ende 2022 erfolgreich abgeschlossen werden. Obwohl die WSG im Jahr 2022 rund 160 Woh­ nungen fertiggestellt hat, haben die Preis- und Zinsentwicklungen keine Auswirkungen auf das Neubauprogramm gehabt. Auch haben sich die Lieferkettenprobleme nur sehr gering auf die Fertigstellungstermine ausgewirkt. Ebenso ist die Gaspreisentwicklung im Jahr 2022 an den Mietern der WSG vorbeigegangen. Da bereits 2021 ein neuer günstiger Gasliefer­ vertrag – mit Wirkung zum 1. Januar 2022 und einer Laufzeit bis Ende 2024 – abgeschlossen werden konnte, haben sich die Heizkosten für die Mieter der WSG sogar verringert. Zusätzlich führ- te ein bewussteres Mieterheizverhalten und der klimatisch äußerst milde Jahresverlauf zu einem geringeren Verbrauch. Durchschnittlich werden unsere Mieter 2022 rund 20 Prozent weniger Gas verbraucht haben als im Jahr 2021. Lediglich die im Juli 2022 eingeführte Gaspreisumlage hätte sich negativ auf die Heizkosten auswirken können – wenn Sie nicht vor ihrer Wirksamkeit vom Gesetzgeber wieder zurückgenommen worden wäre. Gerade die im Juli beschlossene – und im Oktober zurückgenommene – Gaspreisumlage oder das im Januar letzten Jahres vorzeitig eingestellte BEG-Förderprogramm des Bundes verdeutlicht den Vertrauensverlust in die Politik. Ohne kontinuierliche Förderangebote lässt sich kein Wohnungsbau planen – und erst recht keine Wohnungsnot beheben. Hinzu kommt der postalische Irrsinn, Verbrauchs- mitteilungen monatlich in Papierform an die Mieter zu versenden, statt ihnen diese in einem Mieterportal online zur Verfügung zu stellen. Dies würde nicht nur die Umwelt weniger belasten, sondern auch den Mieter viel weniger kosten. Hans-Jörg Schmidt Geschäftsführer der WSG

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